Was ist Picky-Eating?

Picky-Eating steht für wählerisches Essverhalten bei Kindern. Diese Kinder zeigen ein stark eingeschränktes Essverhalten, indem sie nur ganz bestimmte Lebensmittel akzeptieren und sehr genau auswählen, was auf ihren Teller kommt. Neue Lebensmittel probieren sie nicht oder nur mit sehr vielen Strategien der Eltern. Phasenweise zeigen sehr viele Kinder solch ein selektives Essverhalten, das mit der Zeit und elterlicher Geduld dann wieder verschwindet. In diesen Fällen ist das selektive Essverhalten vorübergehend und keine Erkrankung im Sinne einer Essstörung. Diese Entwicklungsphasen sind oft mit einer starken Autonomiephase verknüpft, in der Kinder ihren Willen entwickeln und durchsetzen üben, Grenzen testen, stark auf Routinen bestehen und insgesamt auch bei anderen Dingen (z.B. der Auswahl der Kleidung) wählerischer sind als die Eltern es sonst von ihnen kennen. 

Phasen von Picky-Eating sind normal, aber was, wenn es anhaltend ist?

Solche vorübergehenden Picky-Eating Phasen kommen bei ca. 22 % der 4-30 Monate alten Kinder vor, was immerhin fast ein Viertel aller Kinder ist. Da es sich bei diesen Kindern um keine Diagnose handelt, sondern um eine Phase, die manche Kinder durchlaufen, gibt es keine einheitlichen Kriterien, was genau eine solche Phase ausmacht oder wie lange sie dauert. Grundsätzlich gilt aber: Diese Kinder lehnen neue Lebensmittel ab, sind generell wählerisch beim Essen und zeigen oft die größte Abneigung hinsichtlich Gemüse. Manchmal reicht es auch, dass sich zwei Lebensmittel auf dem Teller berühren, um sie abzulehnen. Sie versuchen oft ihre Eltern dazu zu bewegen, nur noch die gleichen Lebensmittel zuzubereiten, was Eltern oft in einen Konflikt stürzt. Ihnen ist natürlich klar, dass Nudeln ohne Sauce und trockene Brötchen ohne alles keine ausreichend vielfältige Nahrung sind. Viele lassen sich dennoch darauf ein, aus der Sorge, dass ihr Kind sonst gar nichts essen könnte.

Wie kann man herausfinden, ob ein Kind gerade in einer Picky-Eating Phase ist oder ob mehr dahinter stecken könnte?

Die Eltern von Picky Eatern merken oft einen deutlichen Unterschied zu gleichaltrigen Kindern aus ihrem Umfeld. Ihr Kind ist z.B. das einzige, das auf dem Kindergeburtstag keinen Kuchen will und auch sonst nichts Neues probieren möchte. Es wählt vielleicht das trockene Brötchen aus, während das Nachbarskind fröhlich das zweite Würstchen verdrückt. Typisch ist auch, dass sich dieses Essverhalten in Autonomiephasen („Trotzphasen“) zeigt.

Ob sich das wählerische Essverhalten um eine Folge der Autonomieentwicklung handelt, lässt sich daran erkennen, dass dann auch bei anderen Themen neben dem Essen sehr viel mitbestimmt werden will. Meist kommt es dann zu Diskussionen oder Konflikten in mehreren Lebensbereichen (Kleidung, Badezimmerabläufe, Schlafengehen usw.). Kinder beharren dann nicht nur auf ganz bestimmtem Essen, sondern eben auch auf starker Mitbestimmung anderer Lebensbereiche. Wenn die „Trotzphase“ geschafft ist, läuft auch das Essen wieder runder.

Auch wenn das Picky-Eating außerhalb einer Trotzphase gezeigt wird, muss dies noch kein Hinweis auf eine Erkrankung sein. Solange es sich um eine vorübergehende Phase handelt und das Kind insgesamt genug isst, muss keine Erkrankung vorliegen. Wenn sich Eltern aber Sorgen um die körperliche Versorgung machen, da das Picky Eating sehr einschränkend und anhaltend ist oder wenn ihr Kind nicht so wächst oder zunimmt wie es sollte, ist kinderärztlicher Rat einzuholen. Denn dann kann eine ARFID-Diagnose vorliegen („Avoidant restrictive food intake disorder“ oder „Restriktiv vermeidende Essstörung“), die eine Behandlung des Kindes sowie eine Beratung der Eltern erforderlich macht. Die ARIFD-Diagnose kann von KinderärztInnen oder PsychotherapeutInnen gestellt werden.

Wird das immer so bleiben?

Schwierigkeiten beim Essen können Eltern sehr belasten und sie wünschen sich daher, dass sich das Essverhalten ihres Kindes schnellstmöglich verbessert. Viele Eltern fragen sich, ob sich nun immer so bleibt. XX % lassen die Phase des Picky Eating wieder hinter sich. Bei einem kleinen Teil (XX%) verfestigt sich das wählerische Essen zu einer ARFID-Diagnose. Diese muss dann professionell behandelt werden. Je nachdem was die Auslöser sind, wird eine Psychotherapie, Ergotherapie oder Logopädie empfohlen. Bei nachgewiesenen Unverträglichkeiten wird ein entsprechender Ernährungsplan ohne die problematischen Lebensmittel (z.B. Gluten oder Lactose) umgesetzt. Oft ist auch eine multiprofessionelle Behandlung mit mehreren dieser Behandlungsansätze sinnvoll – gerade wenn mehrere Ursachen zusammenkommen.

Wie gehe ich mit Picky-Eating am besten um? Drei zentrale Tipps

Picky-Eating und ARFD Kurs für Eltern

Schrittweise neue Lebensmittel einführen:

Auch wenn das Kind es nicht sofort probiert, sollte immer wieder etwas Neues angeboten werden. Es kann nötig sein, dass 10-15 Mal über mehrere Wochen hinweg etwas angeboten werden muss, bevor sich das Kind darauf einlassen kann es zu probieren. Man sollte sich also nicht damit abfinden, dass das Kind nur das isst, was es gerade jetzt akzeptiert. Veränderung ist möglich und notwendig, braucht aber Zeit und Geduld. Immer schon vorab extra für das Kind etwas anderes zu kochen, sollte möglichst vermieden werden. Hier sollte das Grundprinzip von Ermutigung und Einfühlungsvermögen angewendet werden.

Selbstständigkeit fördern:

Am besten ist es, wenn auf dem Tisch eine Auswahl an Lebensmitteln steht und das Kind sich selber davon nehmen kann, was es möchte. Ein fertig präparierter Teller aus der Küche ist nicht hilfreich, da dann keine Mitbestimmung besteht und auch gar keine Möglichkeit gegeben wird, sich heute mal etwas anderes auszusuchen. Das Kind sollte auch so selbständig wie möglich essen dürfen, also nicht gefüttert werden, wenn es schon alleine essen kann, nicht den Mund abgewischt bekommen, wenn es das selber kann.

Regelmäßige gemeinsame Mahlzeiten:

Für euch ist Essen sicher mit Stress assoziiert, durch die Sorgen was euer Kind heute essen oder nicht essen wird. Versucht trotzdem eine entspannte und schöne Atmosphäre zu kreieren. z.B. Kerze anzünden, Mottoessen veranstalten (Pfannkuchentag, Waffelsamstag). Gerne auch mal (stressfreie!) Deko, bei der das Kind mitmachen kann. Regelmäßige positive Essenserlebnisse und eine nicht wertende und wohlwollende Stimmung am Tisch können das Essverhalten der Kinder positiv beeinflussen. Potentiell stressige Themen, auch zwischen den Erwachsenen lieber auf später verschieben.

Es gibt noch zahlreiche weitere konkretere Tipps und Maßnahmen. Diese müssen allerdings individuell an die Situation des Kindes und der Familie angepasst werden. Nicht jede Strategie ist für alle Familien geeignet. Sollte eine ARFID-Diagnose vorliegen, muss diese professionell behandelt werden. LINK zum Beratungstermin?

Wann sollte man zum Arzt oder zur Ärztin gehen?

Picky-Eating kann viele Ursachen haben und sollte immer kinderärztlich abgeklärt werden. Sollte dein Kind jedoch eine ARFID-Diagnose haben, sollte diese dringend therapeutisch behandelt werden. Hierzu kannst du dich an einer Kinder- und Jugendpsychotherapeutsiche Praxis in deiner Nähe wenden. Weitere Anlaufstellen sind Sozialpädiatrische Zentren oder Ambulanzen in Kinder- und Jugendpsychiatrien. Nicht alle Anlaufstellen bieten alle Diagnostiken oder Behandlungen an, daher am besten gleich nachfragen, wenn ihr einen Termin ausmacht.

Über die Homepage der Bundestherapeutenkammer kannst du dein Bundesland und deinen Wohnort eingeben und bekommst die PsychotherapeutInnen in der Nähe deines Wohnortes angezeigt. Schau dir dazu auch unser Video an.